So mal aus dem Blickwinkel von jemandem gesprochen, der sich über die letzten Jahrzehnte hinweg durchgehend für bürgerrechtliche Fragen und auch gegen den Datenhunger der Regierung eingesetzt hat, also aktiv war gegen die Vorratsdatenspeicherung, gegen DNS-Filter, gegen Artikel 13 der Urheberrechtsreform, gegen das bayerische Psychiatriegesetz oder die Verschärfung von Polizeigesetzen etc. etc. finde ich es sehr spannend, was gerade abläuft.
Nämlich, dass die Befürchtungen, dass das nun alles ein großes Sozialexperiment sei, das uns kontrollieren und unsere Rechte nehmen und uns alle dauerhaft über eine App tracken soll, eher aus den Teilen der Bevölkerung kommt, die bisher gegenüber realen Angriffen auf unsere Freiheiten eher gleichgültig waren und zumindest nicht aktiv dagegen angegangen sind.

Aber jetzt auf einmal, wo wir uns einer realen Bedrohung gegenübersehen, werden Horrorszenarien aufgebaut, als wären die Kontaktbeschränkungen die Vorbereitung zum Versuch das ganze Volk einzusperren und nur noch zum Arbeiten rauszulassen. Als würde Big Brother jetzt über Nacht eingeführt, statt den Spagat zu schaffen, gleichzeitig Bewegungsfreiheit zu ermöglichen und doch die Fallzahlen – und damit die Opfer – gering zu halten.

Jetzt, einmal, wo es nicht mal im Ansatz so aussieht, als sollten die Maßnahmen für etwas anderes missbraucht werden, als eben für genau das eine: Eindämmung einer Pandemie. Jetzt auf einmal tauchen überall neue Kreuzritter auf, die sich Sorgen um den Datenschutz und die persönlichen Freiheiten machen. Vor allem die eigenen.

Ich finde das spannend. Faszinierend. Und auch schon ein bisschen irritierend.

Besonders irritierend finde ich die ständigen Faschismusvergleiche. Vor allem eben auch, weil im Faschismus eben nicht die Mehrheit der Menschen unterdrückt wurde – auch wenn sich das die Nachfahren heute gerne einreden – sondern die große Mehrheit mitgemacht und sogar zugestimmt und gejubelt hat. Es waren eben nicht alle Opfer. Unterdrückt, gegängelt, verfolgt und getötet wurden Minderheiten.

Da finde ich es eher eine interessantere Parallele, dass gerade im Namen der Bürgerrechte der Mehrheit, von Prominenten, Publizisten und Politikern mehrere Parteien dazu aufgerufen wird, die Bürgerrechte von vulnerablen Minderheiten – alten Menschen, behinderten Menschen und Vorerkrankten – zu beschneiden. Wohl wissend, dass wenn die ganze Bevölkerung sehr schnell durchseucht, auch gar niemand mehr da wäre, der sich um eben jene vulnerablen Gruppen kümmern könnte, ohne diese mit anzustecken.

Wir leben in wahrlich interessanten Zeiten.


Nachtrag 01.01.2021

Dr. med. Elisa Stein spricht mir hier ungefähr um den Zeitstempel 1:00:00 herum aus der Seele. Es macht wütend, dass nun Leute für sich in Anspruch nehmen, für “Freiheit” und “Menschenrechte” zu kämpfen, während man niemanden von ihnen in den letzten 20+ Jahren auf der Straße — oder in Initiativen — gesehen hat. Niemand von ihnen hat man ernsthaft politisch aktiv wahrgenommen. Abgesehen von den Nazis natürlich, aber die ewigen Destruenten zählen gleich doppelt nicht.

Es geht nur um die eigenen Interessen, nicht um Freiheit, nicht um Menschenrechte. Es geht um Hass. Um Neid. Um Missgunst.

Die Bewegung ist eugenisch, missgünstig und stellt sogar die eigene Bequemlichkeit über menschliches Leben.

Den CCC-Talk mit Dr. Elisa Stein kann ich wärmstens empfehlen. 1 1/2 gut investierte Stunden:


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