Das ist ein Missverständnis. Ich habe über sogenannte Businessnetzwerke in über 20 Jahren Selbstständigkeit noch keinen einzigen Auftrag erhalten.
Dort findet man vor allem Businesspammer, die möglichst viele Kontakte sammeln der Art “wollen wir uns nicht vernetzen?!?!?!”
Die Behauptung, man müsste dort sein, um Karriere zu machen, ist definitiv falsch.
Sie sind nützlich, um bestehende Netzwerke zu pflegen, werden aber schnell sehr nutzlos, wenn man Businessblender der Kategorie “biete tolle Chancen!!!” aufnimmt.
Nützlich waren für mich
- Solange ich noch in der IT gearbeitet habe, Dienstleister wie GULP.
- Nachdem ich die Branche gewechselt habe, waren Berufsnetzwerke wie der Texttreff nützlich für mich, die darauf aufgebaut sind, in einem begrenzten Netzwerk, in dem auf Vertrauenswürdigkeit geachtet wird, Kooperationen zu schaffen.
- Ich habe auch Aufträge über meine berufliche Interessenvertretung, die Freischreiber, und deren öffentlich einsehbare Datenbank erhalten.
- Spezifische Angebote wie Speakabled oder Speakerinnen waren seminützlich.
- In meiner Branche macht es Sinn, öffentlich zu sein und sich mit seinen Themen zu etablieren, statt in einem diffusen Netzwerk von Businessblendern mit ihren “tollen Chancen” herumzudümpeln.
- Nur auf derartigen Plattformen herumzuhängen bringt gar nichts, wenn man nichts zeigen und nichts bieten kann.
- Die meisten Aufträge kommen immer noch über Mundpropaganda zustande.
- Auch aus der Zeit, in der ich noch in der IT war, kann ich nur raten, wenn ihr die folgenden Sätze hört oder lest, rennt:
- “Wir haben eine tolle Idee, die superviel abwerfen wird, deswegen suchen wir Menschen, die sie mit uns aufbauen. Wir beteiligen Sie auch am Gewinn” (statt einer branchenüblichen Bezahlung. Gewinnbeteiligung zusätzlich zu einer branchenüblichen Bezahlung ist okay.)
- “Unser Superduperprojekt startet in 6 Monaten durch. Halten Sie Kapazitäten für uns frei.” (Das Superduperprojekt wird nicht starten, daher nie niemals tatsächliche Aufträge aufschieben, für eine flashy klingende Möglichkeit. Nehmt die Aufträge an, bei denen man euch fragt, ob ihr morgen anfangen könnt. (Und die müssen dann halt leider warten, bis ihr könnt.))
- Treffen rein zum “Netzwerken”, ohne Struktur, thematische Ausrichtung oder Ziel, für die ihr etwas bezahlen müsst, sind rausgeworfenes Geld.
Diese Art *hektisch wedel* “tolle Businesschance, super Auftrag, extrem lukrative Kooperation”—Angebote findet ihr zu Hauf auf Businessnetzwerke wie XING oder Linkedin. Wie hier auf Quora die MLM-Vertriebler unterwegs sind, sind in diesen Netzwerken die Businessblender unterwegs und auf der Suche nach Leuten, denen sie Geld, Wissen oder Arbeitskraft aus der Tasche ziehen können.
Dennoch sind XING und Linkedin nützlich, um knapp und standardisiert zu zeigen, was man mitbringt und wie man erreicht werden kann. Oder um Kontakt zu früheren Auftraggebern oder Kollegen zu halten.
Daher mein Rat:
- Klar, nutzt diese Plattformen, aber versprecht euch keine Wunder. Sie sind nicht alternativlos.
- Seid selektiv. Fügt nur Personen zu eurem Netzwerk hinzu, zu denen bereits eine aktive geschäftliche (oder persönliche) Verbindung besteht oder in der Vergangenheit bestand.
- “Lass uns doch mal treffen, mal sehen ob wir miteinander kooperieren könnten” ist businesskasperisch für “gib mir kostenlose Beratung und Anfahrt und Getränke zahlst du selbstverständlich auch selbst”.
- Beantwortet “wollen wir uns vernetzen” von Menschen zu den ihr keine Beziehung habt, immer mit “nein”. Auch und gerade dann, wenn sie spannend klingende Berufsbezeichnungen haben.
- Ja, auch wenn es unhöflich scheint und auch, wenn ihr befürchtet, dass euch deswegen Chancen entgehen könnten. Ihr endet sonst nur mit einem Account mit einer übersichtlichen Anzahl Kontakten, von denen ihr nicht mehr wisst, wie die Leute dorthin kamen und wer die eigentlich sind.
- Nehmt auch keine Kontakte an, die schon Kontakt von Freunden, Kollegen, Arbeit- oder Auftraggebern sind, wenn eure direkten Kontakte nicht selektiv mit dem hinzufügen von neuen Kontakten sind. Nur, wenn diese selbst eine gewisse Sorgfalt und Zurückhaltung beim Bilden von Netzwerken zeigen, können sie als Grund für Vorschussvertrauen dienen.
tl:dr: es gibt keine Plattform, die “alternativlos” ist. Es gibt viele Wege Karriere zu machen. Businessplattformen sind kein notwendiger Teil davon. Qualität vor Quantität.
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