Quora-Frage: Gibt es etwas Wahres an den Gerüchten, dass MLM-Unternehmen wie Herbalife und Nu Skin Pyramidensysteme oder Betrug sind, oder werden sie einfach von Leuten missverstanden, die nicht verstehen, wie sie funktionieren?

MLM-Unternehmen sind rein rechtlich keine Pyramiden-Systeme. Als Pyramidensysteme oder Ponzi-Betrugs-Systeme werden nur solche Unternehmen bezeichnet, bei denen es keine Ware gibt oder diese vorgetäuscht vertrieben wird oder von so minderer Qualität ist, dass damit rein realistisch auch kein Umsatz zu machen ist. Man also annehmen kann, dass die Ware nur zur Täuschung produziert wird.

Die angesprochenen Systeme sind also offiziell keine Pyramidensysteme.

Tatsächlich sind sie aber auch nur einen Schritt davon entfernt.

Das zeigen folgende Merkmale:

  • Die Ware wird im Direktvertrieb (also an der Haustür oder auf Verkaufs-(Nachbarschafts)-Treffen) verkauft. Zu Nutze machen sich die Unternehmen dabei die persönliche Beratung, die seriöser und zuverlässiger wirkt, als ein anonymes Kaufhaus. — Das alleine wäre noch kein Merkmal, denn es wird auch von reinen Direktvertriebsunternehmen verwendet, die angestellte Vertriebsmitarbeiter haben.
  • Die “Berater” sind Scheinselbstständige. — Wenn man die Waren eines MLM-Unternehmens vertreibt, ist man nicht wirklich ein Unternehmensgründer, denn es gibt harte Vorgaben des MLM-Unternehmens. Aber das Unternehmen spart sich die Gehälter für Verkaufspersonal und Ladengeschäfte und auch den Weg über den Zwischenhandel.
  • Es ist Netzwerkmarketing. — Anders als beispielsweise Vorwerk-Vertreter, die in einer bestimmten Gegend arbeiten, sind die MLM-Verkäufer angehalten, vor allem persönliche und familiäre Kontakte auszunutzen um ihre Waren zu verkaufen. Dadurch werden aber vor allem eben genau diese Beziehungen belastet, wenn eine in ein MLM-System involvierte Person nicht immer nur verkaufen will, sondern immer nur verkaufen MUSS. Das führt uns zu …
  • Es gibt Absatzvorgaben. — MLM-Verkäufer verpflichten sich eine gewisse Produktmenge beim Vertragsunternehmen zu erwerben. Diese hat sehr oft wenig bis gar nichts damit zu tun, welche Produktmengen man realistisch absetzen kann. Wären Ladengeschäfte zu ähnlichen Konditionen gezwungen, sähe man staubige Ecken voller Ladenhüter, die mit jeder Woche mehr Raum von der Ladenfläche wegnehmen. Diese Vorgaben sind auch IMHO der Beweis, für die Scheinselbstständigkeit der “Unternehmensgründer”. Denn die Auftraggeber eines Selbstständigen dürfen diesem gegenüber nicht weisungsbefugt sein.
  • Die Ware ist oft qualitativ fragwürdig oder unreguliert. — z.B. vor allem Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetik mit zweifelhaften Inhaltsstoffen und zweifelhaften Versprechungen.
  • Es sind MULTI-Level-Marketing-Unternehmen. — Denn nicht nur muss man seinem Freundeskreis das Geld aus den Taschen ziehen, nein, man wird auch angehalten im Freundeskreis nach Menschen zu suchen, die wiederum zum Verkäufer werden wollen. Ein wirkliches Einkommen erzielt man nicht durch den Verkauf selbst, sondern durch die “Downline”. Also die Verkäufer, die man angeworben hat, von deren Abnahme beim Unternehmen man immer einen kleinen Prozentsatz mitverdient. Und von der Abnahme der Leute, die die Verkäufer angeworben haben, die man angeworben hat und immer so weiter.

    Kurz: Wer früh dabei war und daher weit oben in der “Downline” steht, muss gar nicht mehr selbst verkaufen. Nur neue Verkäufer anwerben, die wieder neue Verkäufer anwerben und ist dann finanziell am ganzen Rattenschwanz der Downline beteiligt.
  • Finanzielle Versprechungen der MLM-Unternehmen für jeden ihrer Verkäufer, würden maximal dann eintreten können, wenn die potenzielle Kundenbasis unendlich wäre. Den wenigsten Menschen ist bewusst, wie wenige Zwischenschritte man benötigt, bis theoretisch jeder lebende Bewohner dieses Planeten die Produkte des Unternehmens konsumieren müsste, damit man an Punkt X in der Downline noch ein hinreichendes Einkommen hat. Genau wie in der Pandemie wird auch hier die exponentielle Entwicklung nicht verstanden.

Nein, MLM-Unternehmen werden nicht “missverstanden”. Dass sie “missverstanden” würden, ist die Behauptung der — klar — MLM-Unternehmen selbst, aber auch von Menschen, die entweder verzweifelt sind und dringend neue Verkäufer anwerben müssen, um sich nicht tiefer in Schulden reinzureiten oder von Menschen, die so weit oben in der Downline stehen, dass sie ein brutales System am Laufen halten, weil sie davon profitieren.

Was MLM-Unternehmen sind: Der Garant dafür nicht nur Geld, sondern auch Freunde und das Vertrauen von Familienmitgliedern zu verlieren.

In diesem Zusammenhang empfehle ich unter anderem den Podcast “The Dream”:

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