Es waren einmal zwei Brüder. Sie trugen die Namen Ussah und Russah. Beide Brüder liebten Kekse über alles und sie unternahmen auch so ziemlich alles, um an Kekse zu kommen.

Ussah lebte bei seiner Mutter in einer kleinen Stadt. Dort war er wohlbekannt für seine Liebe zu Keksen.

Russah lebte schon sehr lange in einem Internat. Kaum jemand in der kleinen Stadt hatte ihn je zu Gesicht bekommen und erst seit ein paar Jahren durfte er in den Ferien die Familie besuchen. 

Ussah kannte wirklich die ganze Stadt. Man hatte ihn mehr als einmal in der Hand der Keksdose erwischt. Nicht nur der Keksdose seiner Mutter. Auch der Keksdose des Pfarrers, der Keksdose des asiatischen Gemüsehändlers, der Keksdose der Moschee und der Keksdose des Kindergartens. Auch wenn in der Auslage des Bäckers Kekse fehlten, ahnte man: das war der Ussah. 

Das gruselige dabei war, wie weit Ussah bereit war, für Kekse zu gehen. Er hatte den Pfarrer umgeschubst, als der ihn an der Keksdose erwischte. Seiner eigenen Mutter hatte er mehrmals Prügel angedroht, wenn sie ihn nicht an die Kekse lassen würde und man hat die Mutter auch schon mit einem blauen Auge gesehen. (Sie sagte, sie wäre auf der Treppe gestolpert.)

In der Moschee hatte er sogar gezündelt, um freie Bahn zur Keksdose zu haben. 

Man hatte sogar schon überlegt, ob es nicht besser wäre, Ussah auch ins Internat zu schicken.

Aber, an Ussah sei ja nicht alles schlecht, sagten die Leute. Der Ussah wäre im Kern ein guter Junge, sagten die Leute. Denn, jedes Wochenende würde er ja in der Suppenküche aushelfen. Manchmal für Kekse zur Belohnung, aber er macht das sogar ohne, dass man ihm Kekse verspricht. Gut. Nicht immer ist das, was er dort kocht, auch genießbar. Aber immer öfter. Und niemand zwingt ihn dazu, seine Zeit zu geben, um zu helfen. 

Er sagt auch, dass ihm das wichtig ist und das klang durchaus aufrichtig.

Und ja, der Ussah hat schon so eine aggressive Ader. Aber er sorgt auch dafür, dass das Städtchen sicherer ist. Die Stories, wie er den Autodieben auf die Nase gegeben hat, die erzählt man sich noch Jahre später. Die Autodiebe sind nie wiedergekommen.  

Und dann war da dieser Typ, der seine ganze Familie ständig verprügelt hat, sogar die ganz kleinen Kinder. Dem hat der Ussah es so richtig gezeigt. Den hat man auch nie wieder gesehen. Und hinterher hat man im Keller des Typen verscharrte kleine Kinder gefunden und sogar ein paar Frauen, die vorher lange vermisst worden waren.

Und niemand hat sich getraut was gegen ihn zu unternehmen. Außer der Ussah. 

Niemand lässt ihn deswegen gerne an die Keksdose aber, man kneift eben hin und wieder doch ein Auge zu, wenn er sich mal wieder bedient hat und es ja eh schon passiert ist. 

Von Russah hört man, wie gesagt, selten. 

Wenn man etwas offizielles aus dem Internat hört, dann meist, dass er mal wieder zum Schüler des Monats erklärt wurde. Weil er die Vorgaben übererfüllt hat.

Von ein paar Schülern, die das Internat verlassen haben, hört man dagegen munkeln, dass er für Kekse echt alles tut. ALLES. 

Im Prinzip tut er nämlich so, als gehörten ihm die Kekse der anderen sowieso. 

Wenn die ihre Kekse vor ihm verstecken, dann ist er schon durchgedreht. 

Er hat mal einen ganzen Schlafsaal abgefackelt, als die Jungs darin zusammengehalten haben um ihre Kekse vor ihm zu schützen. Ein paar mussten sogar ins Krankenhaus. Ein paar langen im Koma und ein paar sind nicht mehr zurück gekommen.

Immer wieder verprügelt er seine Mitschüler um klar zu machen, dass ihre Kekse ihm gehören. Im Winter verhindert er manchmal, dass sie ins Haus kommen können und zwingt sie über Nacht draussen zu bleiben.

Die Lehrer erklären ihn dann immer wieder zum Schüler des Monats, auch wenn er gar nicht so gut in der Schule ist. Einfach, weil sie Angst vor ihm haben. 

Am Schlimmsten erging es den Redakteuren der Internatszeitung. Einer hat über die Keksdiebstähle geschrieben und am nächsten Morgen war er verschwunden. Man hat ihn nicht gefunden und auch bei seinen Eltern ist er nie angekommen.

Nun sind mal wieder Ferien und der Russah darf seine Mutter besuchen. 

Seine Mutter hat seit einer Weile eine Untermieterin. Die alte Dame heißt Uhkraiinie. Die hat eine große Dose voller Kekse gebacken, die sie an ihre Kinder und Enkel verteilen wollte. 

Aber weil die alte Dame ihr Zimmer direkt neben Russah hat, war Russah der Ansicht, die Kekse gehören alle IHM! Sonst wären sie ja nicht direkt neben seinem Zimmer, klar, oder?

Also ist er in das Zimmer der alten Dame gegangen und hat sich die Keksdose genommen.

Die alte Dame war verständlich empört und hat Russah ihren Stock über den Schädel gezogen.

Daraufhin hat Russah die alte Dame zusammengeschlagen. Während die blutend in der Ecke liegt, kommt die Mutter zusammen mit Ussah dazu und durch den Lärm sind auch die anderen  Leute zusammengelaufen.

Da liegt die blutende alte Dame neben Russah, der sich die Keksdose unter den Arm geklemmt hat. 

Die Mutter schaut schockiert und fordert Russah auf, zu erklären, was passiert ist. Russah macht die Keksdose auf und streckt sie ihr hin. Zwischen den Keksen liegt ein Fussel von Ussahs Lieblings-Schal. 

“Was hier passiert ist, Mutter, ist einfach. Ussah hat versucht der alten Dame die Keksdose zu klauen. Deswegen hat sie mich angegriffen und ich musste sie zusammenschlagen. Und ihre Kekse gehören mir deswegen jetzt auch.”

Und die Mutter nickt und alle Umstehenden nicken.

“Ja, wir wussten es ja lange, dass Usaah dazu fähig ist. Unser lieber Russah, es tut uns so leid, dass Ussah dich dazu gezwungen hat. Natürlich gehören Dir die Kekse der alten Dame.”


Und so, liebe Leute, stellt euch vor, dass Ussah, die USA ist und Russah Russland, die Kekse sind die Ressourcen fremder Länder und die Mutter und die Bewohner des kleinen Städtchens, sind die Verschörungsgläubigen, die überzeugt sind, weil man die USA schon mal mit den Händen in der Keksdose erwischt hat, sind es NATÜRLICH diesmal auch die USA, die die Kekse klauen wollten. 

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