Nein.
Diese Behauptung stammt vor allem aus dem religiösen bzw. esoterischen Bereich und stellt eine Form der sozialen Kontrolle und des Betrugs dar.
Denn Menschen, die ständig versuchen ihre Gefühle und Gedanken in ‘die richtigen Bahnen’ zu lenken haben keine Zeit und Energie über ihre Situation nachzudenken und die Ursache negativer Gedanken vielleicht sogar zu ändern.
Menschen, denen man ständig erzählt, dass sie sehr grundlegende Dinge — wie Denken — falsch machen, befinden sich in einer ständig belastenden Situation, keine Sicherheit in die eigenen Wahrnehmungen, ins eigene Selbst, bilden zu können. Deswegen ist diese Behauptung, Krankheiten lägen an negativen Gedanken, auch sehr eng mit anderen Formen psychischer Gewalt, wie Gaslighting, verwandt.
Menschen, die dieser Form psychischer Gewalt ständig ausgesetzt sind, sind durch diese fehlende Sicherheit in ihre Wahrnehmung und Fähigkeiten auch leicht manipulierbar. Daher findet man die Behauptung auch fast immer in einem Umfeld, in dem man manipulierbare Personen schaffen will.
Man kauft ihnen erst die Sicherheit ab, um sie ihnen später teuer mit Kursen, Mittelchen, Coachings, etc. zurück zu verkaufen. Das gesamte Geschäftsfeld von Scientology ist auf diesem Prinzip aufgebaut.
Auch die reine Behauptung, man könne immer nur in einem positiven Zustand leben, und nicht einfach auch mal einen richtigen Scheißtag/Scheißwoche/Scheißmonat/Scheißjahr(e) mit den dazugehörigen Gefühlen haben, gehört zu diesem Gesamtpaket unrealistischer Erwartungen und Versprechungen, mit denen Menschen in die Fänge der Anbieter von Heilsversprechungen und ähnlichen Systemen gelockt werden sollen.
Negative Gefühle und Erlebnisse gehören zum Leben dazu. Ohne die negativen Phasen würden wir positive Phasen gar nicht mehr erkennen können.
‘Negative Gedanken’ kommen meist nicht von allein, sondern aus einer negativen Situation heraus.
‘Positives Denken’ als Selbstzweck bedeutet im Allgemeinen, dass man negative Einflüsse auf das eigene Leben einfach herunterschluckt und verdrängt, anstatt Dinge aktiv zu verändern oder damit auf eine erwachsene, reife Art und Weise umzugehen.
‘Positives Denken’ als Ideologie macht passiv und duldsam, statt aktiv und bereit Dinge anzupacken.
Natürlich gibt es Arten negativer Gedanken, die schlecht für einen selbst und für die Umwelt sind, z.B. Neid auf den Erfolg anderer — statt an sich selbst zu arbeiten und alles daran zu setzen, die eigenen Ziele zu erreichen.
“Negative Gedanken” die einen dazu bringen anderen Menschen direkt oder indirekt zu schaden, sollte man sich ansehen, die Ursache identifizieren und versuchen an sich als Person zu arbeiten.
Und negative Gedanken, die darauf hindeuten, dass die Situation in der man sich befindet, nicht gut für einen ist, sollte man als das nehmen, was sie sind: ein Hinweis auf Probleme und ein Warnsignal.
Negative _Umstände_ nicht negative Gedanken können am Entstehen von Krankheiten beteiligt sein, und zwar weil sie das Immunsystem schädigen. Der Körper ist quasi so extrem mit der negativen Situation beschäftigt, dass er keine Ressourcen mehr hat um Krankheiten abzuwehren.
So kann es zu typischen Stresserkrankungen kommen.
Besser mit Stress umgehen zu lernen oder Situationen so zu verändern, dass man weniger Stress hat, ist gut für die eigene Gesundheit. Rein daran zu arbeiten, über eine überfordernde Situation in der man sich befindet, positiver zu denken ist der falsche Ansatz. Es ist, als würde man einem völlig verrosteten Auto eine neuen Lackschicht verpassen. Man ‘denkt’ positiv aber ohne es zu merken ist man am Ende. Und davon profitieren dann noch andere Leute, die einen ausnutzen oder gar Scharlatane.
Ich kann nur dazu raten, um Menschen, die einem erzählen wollen dass man nur ‘positiv denken’ müsste, oder dass ‘negative Gedanken’ an der Entstehung von Krankheiten beteiligt wären, einen weiten Bogen zu machen.
Das ist nicht die Art Menschen, die euer Bestes im Sinn haben.